Buchvorstellung

Geburts­geschichten

Homöopathie für Hebammen, Geburtshelfer und Geburtsbegeisterte

Dieses Buch soll vor allem ein Lesebuch sein. Es ist kein vollständiges homöopathisches Repertorium und kein allumfassendes Werk zur homöopathischen Geburtsbegleitung. Es ist meine Erzählung, wie ich als Hebamme die Homoopathie in der Geburtsbegleitung erlebe. Auf meiner eigenen Suche nach Möglichkeiten, anderen Menschen zu helfen, hat mir das Universum die Homoopathie geschickt. Zuerst habe ich im Familienkreis behandelt, dann auch Freunde. Später, in meinem Beruf als Hebamme, wurde die Homoopathie zu meinem wichtigsten Handwerkszeug. Dieses Handwerkszeug möchte ich jetzt mit allen lieben Menschen teilen, die offen sind und auf ihrem Weg durch das Leben nach Antworten suchen. Ich bin jedes Mal dankbar und begeistert, wenn ich sehe, wie die Homoopathie bei einer Geburt wahre Wunder vollbringen kann – natürlich nur, wenn das richtige Simile gefunden wurde. Im Laufe meines Berufslebens habe ich beobachten können, wie sich mithilfe der passenden homöopathischen Arznei die Entbindung bei Erstgebärenden auf wenige Stunden verkürzt. Bei Zweit- oder Mehrgebärenden sollte man immer in der Nähe bleiben. Ich habe Geburten erleben dürfen, bei denen vom Zeitpunkt einer Muttermundöffnung von nur einem Zentimeter bis zur vollständigen Geburt des Kindes weniger als eine Stunde verging. Die Frauen mussten nur in der Austreibungsphase oder kurz davor ihre Aufmerksamkeit nach innen richten. Nicht, weil die Schmerzen so groß waren, sondern weil der Geburtsvorgang von Natur aus ein sehr intensiver ist. Das Leben zeigt sich natürlich nicht immer von der einfachen Seite. Deswegen ist es gut, dass wir in solchen Situationen auf die Technik zurückgreifen können. Manchmal ist sie nötig, um ein Kind gesund hier auf dieser Welt empfangen zu können. Dafür bin ich dankbar. Trotz aller Technik ist die Begleitung mit Homoopathie auch in solchen Fällen unverzichtbar und ein großes Glück für Mutter und Kind. Mit meinen Erzählungen aus dem Hebammenalltag möchte ich Ihnen die homöopathischen Mittelbilder so lebendig wie nur möglich nahebringen, damit Sie die wunderbare Vielfalt der homöopathischen Mittel gut verinnerlichen können. Denn nur ein echtes Begreifen der Mittelessenz führt auch zu guten Ergebnissen.

Fallbeispiel

Von der Kanzlei ins Geburtshaus

32-jährige Frau, 1 Gravida, 0 Para. Das Paar war bei mir im Geburtsvorbereitungskurs. Von den zehn Frauen des Kurses kamen nach und nach sieben auf die Idee, das Kind im Geburtshaus zu bekommen.Es war eine tolle Gruppe. Als die erste Frau gleich am Anfang des Kurses ihr Kind im Geburtshaus bekam und am Ende des Kurses im Gruppenraum stand um mit den anderen einen Tee zu trinken, wollten die übrigen drei Frauen auch eine Geburt im Geburtshaus. Darunter war das Paar, von dem ich jetzt berichten möchte. Die Schwangerschaft war geplant, das kleine Mäuschen aber schon im ersten Zyklus dieser Planungsphase gezeugt worden- eigentlich ja nicht so schlimm, sollte man meinen. Jedoch war es nun so, dass die werdende Mutter eine Ausbildung zur Pastorin machte und am errechneten Geburtstermin ihre Prüfungspredigt halten musste. Es war für sie die ganze Zeit ein Thema und sie hatte Angst davor, dass die Kleine zu früh kommen würde. Sie wollte alles abgeschlossen haben, bevor das Baby kam. Der große Tag kam und sie predigte wunderbar. Als sie von der Kanzel ging, platzte die Fruchtblase. Sie hatte es geschafft. Als sie aber zu mir ins Geburtshaus kam, hatte sie keine Wehen und war völlig außer sich. Gereizt wimmerte sie, dass es doch wunderbar sei, aber sie könne das nicht ertragen. lch fragte sie, was sie denn nicht ertragen könne. Sie hätte Schmerzen und das Gefühl, es würde sie wahnsinnig machen. Ob ich das Radio ausmachen könne? lm Vorsorgezimmer war kein Radio, aber aus der Küche hörte ich leise Töne, ich drehte das Radio dort aus. Sie sagte, dass es sich anfühle, als ob ihr Bauch zerreißen würde. Die nächste Wehe kam und sie klagte, dass sie sterben werde – und redete weiter. Nach der Wehe sagte ich ihr, dass wir erst einmal ein CTG schreiben. Die Wehen kamen alle sieben bis zehn Minuten, nach 40 Minuten machte ich es aus. Es war in Ordnung, dem kleinen Menschen ging es gut. Jetzt wollte ich gerne nachschauen, was die Wehen bisher bewirkt hatten. Sie willigte ein. Ich bereitete alles für die Untersuchung vor. Sie setzte sich in das Vorsorgebett und zappelte mit Armen und Beinen herum. Sie redete auch, als die nächste Wehe kam. Sie wurden jetzt stärker, nun weinte sie, fast schrie sie. Als die Wehe zu Ende war, begann ich die Untersuchung. Der Scheideneingang war rigide, es war kaum ein Hineinkommen möglich. Der ganze Scheiden- und Dammbereich war empfindlich. Die Zervix war noch zu zwei Dritteln erhalten und fest verschlossen. Auf die Frage, wo sie die Wehen denn am meisten spüre, sagte sie – dabei hatte sie ein rotes, geschwollenes Gesicht-, dass die Wehen zuerst nach unten drücken und dann kam die nächste Wehe und sie weinte, schrie und zappelte wild herum. Sie war so verzweifelt, dass ich jetzt schnell handeln musste. Ich gab ihr erst einmal Coffea C30. Dann fragte ich sie, was sie denn gerne tun würde. Sie wollte in die Wanne, vielleicht würde sie da den Rückenschmerz aushalten. Ich ließ die Wanne volllaufen. Sie tigerte durch die Praxis, weinte und schrie, man sah ihr die große Furcht an. lhr Mann wollte ihr helfen, aber es gab nichts, was er tun konnte. Endlich war die Wanne voll und sie konnte hineinsteigen. Es waren 15 Minuten seit der Coffea– Einnahme vergangen. Sie wirkte jetzt etwas ruhiger. Ich stellte eine Lavendelduftlampe auf, vielleicht half es ihr ein wenig. Der Mann kochte uns einen Tee. Sie hatte Hunger. Ich holte ein paar Bananen, sie aß zwei nacheinander. Coffea hat Hunger, der auch nach dem Essen bleibt. Die Herztöne waren super, die Abstände zwischen den Wehen waren jetzt regelmäßig, alle fünf Minuten. Ich atmete mit ihr, sie wurde ruhiger, entspannte sich. Jetzt sprach sie auch entspannter mit uns. Ihr Mann atmete tief durch. Jetzt würde es einfacher werden. Wir ließen Wasser nach und die Rückenschmerzen besserten sich. Der Mann arbeitet als Fotograf und entspannte merklich, als er jetzt die letzten Fotos von seinem Doppelpack in der Wanne machen konnte. Die beiden waren jetzt gut eine Stunde im Geburtshaus. Die Wehen konnte seine Frau jetzt super veratmen und die Todesangst war wie weggeblasen. Ihr Gesicht war nicht mehr so geschwollen. Der Hunger blieb jedoch, die sechste Banane wurde gerade inhaliert. Ich dachte, dass es entweder gut für sie ist, so viel zu essen oder es kommt wieder retour. So oder so war es wohl gut. Wir tranken unseren Tee an der Wanne und freuten uns über jede gute Wehe. Die Wehen kamen jetzt alle vier Minuten. Plötzlich wollte die Gebärende auf die Toilette. Ich fragte sie – wie ich jede Frau in dieser Situation frage – ob das Gefühl nach der Wehe wieder Weg sei. Sie lachte mich an sagte: „lch muss nur pinkeln, zu früh gefreut.“ Wir halfen ihr aus der Wanne und sie ging auf die Toilette. Wir ließen neues Wasser dazu. Durch die Blasenentleerung kam eine Wehe, sie atmete heftig ein und aus. „Schnell in die Wanne!“, sagte sie. Als sie wieder im warmen Wasser lag, ging es ihr viel besser, sie entspannte sich zusehends. Es war jetzt eineinhalb Stunden her seit ich ihr Coffea gegeben hatte. Nach drei Wehen wurden ihre Augen groß und sie sagte: „Das ist jetzt kein Pipi.“ Wir lachten. Na, dann mal raus mit der kleinen Maus. Sie drückte etwas mit. Pause. Ich nahm einen kalten Waschlappen und erfrischte sie damit. Die nächste Wehe kam und sie drückte fest mit. In der nächsten Wehen-Pause tastete ich noch einmal das Köpfchen ab. Es lag sehr tief und richtig im Becken. Ich ermunterte sie, doch einmal selbst zu fühlen. Das tat sie auch und dann kam die nächste Wehe. Sie ließ den Finger in der Scheide und schaute uns, drückend und mit großen Augen an. Die Wehe ging und sie schrie förmlich: „Sie kommt!“ „Ja“ sagte ich, „sie kommt.“ Wir freuten uns. Ich legte Handtücher über die Heizung, damit die kleine Dame es warm genug hatte, wenn sie herausgeschlüpft kam. Die nächste Wehe kam und sie fühlte wieder nach, es motivierte sie. Wir feuerten sie an. Der Kopf wurde sichtbar, man konnte ein paar schwarze Haare sehen. Die Pause wurde mit einem kleinen Schluck Wasser und einem kalten Waschlappen versüßt. Nun ging es weiter. Sie fühlte das Köpfchen und schob es in ihre Hand. Begeistert schauten wir uns das kleine Köpfchen an. Sie drehte sich und die nächste Wehe kam und der Körper glitt ins Wasser. Ich hatte den Vater vorab gefragt, ob er sein Kind auf den Bauch der Mutter legen wollte. Nein, Fotos zu machen war sein Wunsch. Es wurden faszinierende Aufnahmen. Die Mutter zog ihre Tochter aus der Wanne, Die Kleine begrüßte uns mit einem „Protest-Song“. Schnell das warme Handtuch über sie und sie gab Ruhe. Jetzt war alles schön, wir ruhten uns aus und schauten der kleinen Celina zu, wie sie auf dieser Welt ankam. Ich prüfte die Kontraktion der Gebärmutter. Alles war in Ordnung. Plötzlich verlangte die Mutter, dass ich das Fenster öffnen sollte. Ich tat es und überprüfte die Gebärmutter. Sie war weich. Im Wasser wurde Blut sichtbar. Die Mutter fing an zu weinen und sagte, dass die Plazenta nicht kommen würde. Ich schnappte mir Pulsatilla C30 und gab es ihr. Die Hand auf die Gebärmutter drückend, schickte ich den Vater in die Küche, um ein Coolpack zu holen. Ich legte es auf die Gebärmutter. Durch den Druck hörte die Blutung auf. Ungefähr fünf Minuten später schaute ich nach, ob die Plazenta sich jetzt gelöst hatte. Sie hatte sich gelöst, ich sprach der Frau gut zu und dann konnten wir das gute Stück auch sehen. Wir schauten sie uns genau an und ich erklärte den beiden, wie sie an die Gebärmutter angeheftet war und die Versorgung der kleinen Celina bewerksteligt hatte. Celina, 3130g, 52 cm, 34 cm KU, Apgar 9/10/10. Die Plazenta folgte nach einer Gabe Pulsatilla C30, eines der am häufigsten gegebenen Mittel bei Plazentaretention, vollständig. Damm intakt. Die kleine Celina wurde 14 Monate gestillt.